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Kann sich dein Pferd auf Kommando hinlegen?

Ein Beitrag über Würde, Vertrauen und Verantwortung
Immer wieder höre ich die Frage: „Kann sich dein Pferd auf Kommando hinlegen?“ Und jedes Mal stockt mir der Atem, weil hinter dieser scheinbar harmlosen Frage viel mehr steckt, als es zunächst scheint. Ein Pferd, das sich auf Kommando hinlegt, beeindruckt viele Menschen. Es zeigt Gehorsam, Kontrolle, scheinbare Verbundenheit und Macht. Für uns wird es schnell zum Beweis dessen, was wir können, wie fein und konsequent wir arbeiten, wie „vertrauensvoll“ wir sind. Doch sind wir das wirklich? vertrauensvoll?
Ein Pferd auf dem Boden – ausgeliefert, verletzlich, ein Fluchttier ohne Fluchtmöglichkeit – gibt seine größte Sicherheit auf. Hinlegen kann ein Ausdruck tiefen Vertrauens sein, ja, wenn es das von sich aus macht. Aber mal ehrlich: Wenn ein Pferd sich in einer Halle mit Hunderten Zuschauern, grellem Licht und lauten Geräuschen hinlegt, ist das wirklich ein Zeichen von Vertrauen oder eher Gehorsam, Konditionierung, Erwartung und manchmal auch Dominanz? Vielleicht sogar auch Druck, Angst oder Unbehagen? Das Hinlegen auf Kommando zeigt oft mehr über uns Menschen als über das Pferd. Es ist eine Inszenierung, eine Vorführung unserer Macht, unseres Könnens, unserer Kontrolle, und in diesem Moment bleibt von der Würde des Pferdes nicht viel übrig.
Es gibt jedoch eine andere Form des Hinlegens, leise, unspektakulär, freiwillig. Wenn ein Pferd sich in unserer Gegenwart, auf der Koppel oder auf dem Platz einfach bei uns hinlegt, dann ist das kein Trick, kein Kunststück, sondern ein Ausdruck von tiefem Vertrauen, von innerer Sicherheit und Wohlbefinden. Es ist die stille Botschaft: „Ich kann loslassen, weil du da bist.“ In diesem Unterschied liegt die wahre Bedeutung: Das eine Hinlegen dient dem Ego, der Show, der Demonstration menschlicher Fähigkeiten. Das andere Hinlegen entsteht aus der Beziehung, aus Vertrauen, aus dem freien Willen des Pferdes.
Echte Kommunikation mit Pferden bedeutet, ihr Wesen zu achten und zu respektieren. Es bedeutet, sie nicht in Positionen zu bringen, die ihnen Angst machen, sie überfordern oder ihnen Unbehagen bereiten – und erst recht nicht, etwas von ihnen zu verlangen, das sie von sich aus niemals tun würden. Manchmal sind es gerade die stillen Momente, in denen ein Pferd frei entscheiden darf, die größten Zeichen von Vertrauen. Nicht das Hinlegen auf Kommando.
Wahre Größe liegt nicht darin, ein Pferd zu etwas zu bringen, sondern darin, einen Raum zu schaffen, in dem es sich aus freien Stücken entscheiden kann, sich hinzugeben, loszulassen und zu vertrauen. Dann behält es seine Würde, und wir erkennen vielleicht zum ersten Mal wirklich, was Vertrauen bedeutet. Aus diesen Gründen bringe ich Pferden nicht bei, sich auf Kommando hinzulegen. Nicht, weil ich es nicht könnte, sondern weil es mir widerstrebt, von meinem Partner Pferd so etwas zu verlangen. Es widerstrebt mir, Macht über ein Pferd in diesem Maß auszuüben.
Die größte Leistung im Umgang mit Pferden besteht nicht darin, etwas von ihnen zu erzwingen, sondern darin, einen Raum zu schaffen, in dem sie freiwillig Vertrauen schenken und ihre Würde bewahren können.
Wenn dir dieser Gedanke wichtig ist, teile ihn gerne mit anderen, die Pferde lieben und respektieren.

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