Neulich erinnerte mich eine meiner geschätzten Schülerinnen an einen Satz, den ich einst bei einem ihrer ersten Kurse gesagt hatte – bezogen auf ihre Stute.
Sie kam
damals mit einer außergewöhnlich anspruchsvollen Stute – charakterstark, kämpfersich, sensibel und fest verwurzelt in ihrer eigenen Wahrheit. Zu Beginn war sie kaum bereit, sich
auf Neues einzulassen – zu tief saß ihr Bedürfnis, die Kontrolle zu behalten, um sich sicher zu fühlen.
Auch ihre Besitzerin war damals noch neu in meiner Welt. Berührt von der Philosophie, neugierig und fasziniert von dem, was sie darin spürte – und doch ein wenig verunsichert, weil vieles,
was sie hier erlebte, im Widerspruch zu dem stand, was ihr die „gute alte“ FN-Lehre vermittelt hatte.
Es war, als würde eine neue Sprache in ihr zu klingen beginnen – ungewohnt, aber tief vertraut.
Das ist nun ein bis zwei Jahre her.
Heute las sie mir Zitate vor – Worte, die ich damals in den Kursen sprach. Sätze die sie zu überzeugen schien. Und einer dieser Sätze blieb all die Zeit in ihr, wie eine kleine Flamme, die
weiterglühte.
Denn er spiegle genau das wider, was sie heute so tief empfindet:
Den feinen, aber entscheidenden Unterschied zu anderen Trainingswegen.
„Gut, - sie hat nein gesagt, jetzt haben wir eine Basis für ein Gespräch.“
Sie war damals überrascht, in ihrer Pferdewelt durfte ein Pferd nicht nein sagen.
Wenn ich heute über diesen Satz nachdenke, steckt unheimlich viel an Information über die Philosophie Im Sinne des Pferdes darin.
„Gut“
– sie hat ‚nein‘ gesagt, …Jetzt haben wir eine Basis für ein Gespräch.“
Es wird positiv bewertet, wenn das Pferd nicht blind gehorcht. Dass es sich traut, Stellung zu beziehen, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Kein Bestrafen, keine Maßregelung – das
„Nein“ wird als wertvoller Beitrag erkannt, als Ausdruck von Persönlichkeit und Initiative.
„Gut“–
sie hat ‚nein‘ gesagt.
…Jetzt haben wir eine Basis für ein Gespräch.“
Ein Pferd darf nein sagen. Es soll nein sagen dürfen. Ein „Nein“ ist ein Anfang, ein Ausdruck, ein Zeichen: Es ist da, es antwortet. Es ist besser, ein „Nein“ zu bekommen, als gar keine
Reaktion. Schweigt das Pferd, aus Resignation oder Überzeugung, dass Kommunikation nichts bringt, bedeutet das absoluten Gehorsam – das Ende jeder Partnerschaft. Ein „Nein“ dagegen zeigt,
dass das Pferd noch beteiligt ist, dass ihm der Dialog wichtig ist. Das es vertraut, dass es Nein sagen darf. Es kann sich entwickeln, verändert werden, und es trägt Leben, Stellungnahme und
Beteiligung in sich. Dieses Nein öffnet die Tür, wo Schweigen keine Chance lässt.
Gut– sie hat ‚nein‘ gesagt. …
Jetzt haben wir eine Basis
für ein Gespräch.“
Der Wunsch etwas mit dem Pferd gemeinsam aufzubauen, fundiert, grundlegend nachhaltig. Für diesen Weg müssen beide bereit sein, nicht nur der Mensch der festgestellt hat dass er mit
herkömmlichen Methoden nicht mehr weiter kommt. Auch das Pferd, das schon einiges erlebt hat, nicht immer gutes und sich nun nochmal neu entscheiden darf, mit dem Menschen in Kontakt zu
treten. Gut“– sie hat ‚nein‘ gesagt. …Jetzt haben wir eine Basis
für ein Gespräch."
Ganz anders, als wenn ein Pferd resigniert und gar nicht reagiert, überzeugt davon, dass Kommunikation mit Menschen nichts bringt. Wir beginnen mit dem Dialog, da geht es darum, feine Sprache
der Pferde zu lernen, die eigene Sprache auf das Pferd abzustimmen. Klarheit und Sicherheit zu geben, über die Gedanken an den Körper zu kommen, nicht den Körper wie eine weiche warme Masse
zu behandeln.
In diesem Satz liegt alles: Verständnis, Respekt, Geduld, Dialog – die Möglichkeit, dass aus Haltung und Meinung echte Verbindung entsteht.
Für sie spiegelt dieser Satz bis heute den feinen, aber entscheidenden Unterschied zu anderen Trainingswegen wider.
Für mich ist er nun auch etwas ganz Besonderes. Was ich vor ein paar Jahren im Effekt beim Unterrichten losgelassen habe, verkörpert unzählige Werte die ich lebe und lehre wieder.
Kommentar schreiben