Ein paar Gedanken zum Thema Knotenhalfter
Vor ein paar Tagen bekam ich unter einem meiner Beiträge wieder einmal einen Kommentar zum Thema Knotenhalfter. Solche Kommentare kommen in regelmäßigen Abständen – immer dann, wenn jemand meine Ausrüstung zum Anlass nimmt, Kritik zu äußern. Und meist von Menschen, die selbst keinerlei Erfahrung mit Knotenhalftern hatten, sondern nur weitergeben was sie mal gehört haben. Grundsätzlich ist das okay – ich kann gut damit leben. Heute möchte ich dennoch meine Sicht dazu teilen. Für alle, die sich wirklich dafür interessieren. 😊
Seit über 25 Jahren arbeite ich mit dem Knotenhalfter – aus Überzeugung. Ich kenne die Argumente dagegen. Meist stammen diese Einwände von überzeugten Stallhalfter-Nutzer:innen. Und das ist ihr gutes Recht – jede:r soll den Weg gehen, der für sie oder ihn stimmig ist.
Was ich schade finde: Wenn ausgerechnet diejenigen, die am wenigsten über das Wesen und die Wirkung eines Knotenhalfters wissen, am lautesten urteilen – ohne sich je mit Menschen ausgetauscht zu haben, die damit arbeiten. Ohne Fragen zu stellen. Ohne Bereitschaft zu echtem Verstehen.
Pferde reagieren auf Körpersprache, Spannung, Energie und auf Gefühl. Das Halfter ist für mich ein Medium so wie jede andere Ausrüstung auch, durch das ich mit dem Pferd kommuniziere. Ich gebe ein Gefühl in das Seil das Pferd folgt diesem Gefühl. Genau wie beim Zügel, gebe ich eine Botschaft hinein, die ankommen soll.
Ich habe es oft ausprobiert – auch mit Stallhalftern, vor allem auf Wunsch von Kund:innen, die Bedenken gegenüber dem Knotenhalfter hatten. Aber was ich dabei immer wieder erfahre: Die Qualität meiner Kommunikation – besonders über das Seil – ist mit einem Stallhalfter weniger klar wie mit einem Knotenhalfter. Es ist nicht unmöglich mit dem Stallhalfter zu arbeiten, ich habe nur einfach die Erfahrung gemacht, dass das Knoti klarer und feiner ist. (meine persönliche Erfahrung!) Dennoch gehe ich auf den Wunsch meiner Schüler ein, sofern diese bereit sind, sich meine Arbeit mit dem Knotenhalfter anszusehen. In 99 % der Fälle, merken diese Schüler sehr bald, dass die Kommunikation über das Knotenhalfter weich und klar ist und stimmen dann zu. Warum die Übertragung deutlicher ist? Ich vermute das liegt 1. An der Qualität des Seils, nicht jedes Seil transportiert die Bewegung gleich. (Auch hier gibt es bei Knotenhalftern große Unterschiede). Und 2.daran dass das Knotenhalfter keine Metallstücke hat die das Schwingen, das Gefühl, das Transportieren unterbrechen.
Wer jetzt also von scharfen Knotenhalftern spricht, dem kann ich nur sagen, scharf ist immer die Hand die das Seil, den Zügel etc. führt. Ein Knotenhalfter das lediglich am Kopf liegt, bewirkt nichts! Es ist einfach nur da, genau wie ein Stallhalfter.
Die oft kritisierten „Schmerzpunkte“ durch die Knoten? Ich habe auch schon gehört, dass diese Knoten auf gewisse Nervenpunkte drücken und das Pferd dadurch stimuliert bzw. Beruhigt wird. Sorry, kann ich nicht bestätigen, Pferde reagieren nicht anders, wenn das Knotenhalfter drauf liegt. Was mich viel mehr stört sind die Metallteile des Stallhalfters, die oft zu nah am Jochbein liegen und dort unangenehm sind. Und genau diese stören meine Verbindung zum Pferd – ebenso wie ein schwerer Metallkarabiner am Führstrick. Egal ob am Knoti oder am Stallhalfter. Sie verfälschen das feine Schwingen, die Mikrosignale, mit denen ich arbeite. Für meine Art der Kommunikation sind solche Störeffekte hinderlich.
Ob Jungpferd, sogenanntes „Korrekturpferd“, ein aggressives oder ein ängstliches Pferd oder auch ein ganz normales Pferd (ja die soll es ja auch noch geben) – mit dem Knotenhalfter erreiche ich meist in wenigen Minuten eine erste Durchlässigkeit. Eine Entspannung, die aus Klarheit entsteht. Und genau diese Klarheit schafft Sicherheit. Für ein Fluchttier wie das Pferd ist Sicherheit die Basis für jedes gute Miteinander.
In meinem Buch „Der Weg zur Verbundenheit“ widme ich dieser Diskussion ein ganzes Kapitel – weil es mir wichtig ist, beide Seiten zu beleuchten. Wer über ein Trainingsmittel spricht, sollte umfassend informiert sein und nicht nur eine Seite darstellen – vor allem nicht nur die negative. Weil nicht alle mein Buch haben, hier eine Kurzfassung:
Pro Knotenhalfter:
1. Es transportiert die Botschaft ungefiltert und klar.
2. Es bricht/reißt nie, vor allem nicht, wenn es in einer bestimmten Situation unbedingt halten soll.
3. hält ein Leben lang.
4. Es ermöglicht dir wo immer du gerade mit deinem Pferd unterwegs bist, fein zu arbeiten.
Contra Knotenhalfter:
1. Es bricht/reißt nie, auch nicht dann wenn es besser wäre es würde nachgeben.
2. Bei langer Anwendung kann es zu scheuerstellen kommen (kommt aber wieder auf das Material an)
3. Menschen verurteilen Dich sehr schnell, wenn Du es nutzt.
4. Menschen tun sich schwer es richtig anzupassen.
Pro Stallhalfter:
1. Es hat Sollbruchstellen.
2. Es scheuert nicht. (außer die metallteile liegen am falschen Platz.)
3. Es ist leicht anzupassen.
4. Deine Stallkollegen lieben Dich.
Contra Stallhalfter:
1. Es hat Sollbruchstellen, vor allem dann wenn es mal halten soll.
2. Die Metallplatten/Hacken unterbrechen das Gefühl des Seils.
3. Es hat eine geringere Materialbeständigkeit.
Ich bin mir sicher, es gäbe noch sehr viele Argumente für und gegen. Aber kommen wir mal auf den Punkt.
1. Eine jede Ausrüstung hat Vor und Nachteile.
2. Es kommt auf das Handling an, nicht auf die Ausrüstung.
Ich bin gerne bereit, mich mit kritischen Stimmen an einen Tisch zu setzen. Ich kann zeigen und erklären, warum ich für das Knotenhalfter bin. Doch das tiefere Verstehen entsteht oft erst, wenn man selbst spürt, wie weich und fein ein Pferd reagieren kann – wenn die Kommunikation wirklich auf Klarheit und Verbindung beruht. Meine Schüler bekommen deshalb viele „Mensch-Mensch-Übungen“ Um sich selbst eine Meinung zu bilden. Was mich müde macht, sind Beiträge, die verbissen auf dem Knotenhalfter herumhacken, ohne differenziert zu betrachten, worum es wirklich geht. Ohne „Für und Wider“ abzuwägen, ohne zu verstehen. Kann man gegen etwas sein, das man nur von außen kennt? Leider ja. Verwehrt man sich dadurch neue Erkenntnisse? Leider auch ja.
Natürlich sollte auch das Knotenhalfter mit Verstand eingesetzt werden. Weshalb ich jedem rate sich professionelle Hilfe zu holen. Dies gilt aber per se für den Umgang mit dem Pferd, egal mit welcher Ausrüstung. Selbst bei der freilaufenden Arbeit kann man dem Pferd schaden, wenn man unklar und dadurch unfair ist.
Erstaunlich finde ich Kommentare über die bösen Knotenhalfter von Menschen die dann mit Kandarre reiten, oder mit Führkette führen. Aber das ist eine andere Geschichte und soll an einem anderen Tag geklärt werden.
Ein Knotenhalfter ist kein Wundermittel. Es ist ein Werkzeug. Wie bei jedem Werkzeug gilt: Entscheidend ist, wer es in der Hand hält – und mit welcher Haltung. Für mich, ein sehr beliebtes Tool in meiner Arbeit mit Pferden. Wo es eingesetzt wird, das muss jeder Besitzer selbst entscheiden und verantworten.
Grundsätzlich sollte sich jeder darüber bewusst werden, gute Pferdearbeit hat nichts mit Knotenhalfter, Stallhalfter etc. zu tun. Es hat etwas mit unserer Haltung dem Pferd gegenüber zu tun!
Wenn du darüber reden willst, gerne. Wenn du fühlen willst, noch lieber.
Simone Carlson
www.imsinndespferdes.com
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