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Kauf eines Pferdes

Ein Pferd kaufen – klingt nach Freiheit, Glück und Abenteuer.
Aber was steckt wirklich dahinter?
Ein Lebewesen, keine Entscheidung „für jetzt“, sondern oft für 30 Jahre.
Dieser Beitrag ist kein „Kauf es nicht“, sondern ein ehrlicher Blick auf das, was wir oft erst später realisieren.
Egal ob Du überlegst, selbst ein Pferd zu kaufen – oder einfach jemandem mit Rat zur Seite stehen möchtest:
Lies ihn. Teil ihn. Denk drüber nach.
Denn am Ende geht es immer um eines: Verantwortung für ein anderes Lebewesen.
Dann lohnt es sich, ein paar ehrliche Fragen zu stellen – sich selbst oder dem anderen.
Warum möchte ich eigentlich ein Pferd kaufen?
Geht es um die Freude am Reiten? Und wie geht es mir wenn reiten dann mal ausgeschlossen ist, aufgrund von Krankheit, Alter etc. Bist Du dann immer noch bereit Dich um Dein Pferd zur kümmern?
Oder ist es gar nicht das reiten selbst, sondern viel mehr der Wunsch, sich zu kümmern?
Ein Stück Kindheitstraum verwirklichen? Gerade hier sollte man auch mit seinem erwachsenen Ich einig sein, Pferdebesitzer/in ist tatsächlich nichts für Träumereien, da gehört viel mehr dazu.
Teil einer Pferdegemeinschaft sein? Tatsächlich gibt es tolle Interessen gemeinschaften, allerdings gibt es in vielen großen Ställen auch Gesellschaften zu denen man lieber nicht gehört, vor dem Pferdekauf, ist es sicherlich sinnvoll im Wunschstall mit einer Reitbeteiligung mal vorzufühlen, ob es wirklich die Gesellschaft ist mit der man seine Freizeit verbringen möchte.
Vielleicht einfach nur, weil der Partner ein Pferd hat oder es sich einfach cool anfühlt, ist der Wunsch nach dem Pferd also eher zweitrangig gilt es doppelt zu hinterfragen, was wenn die Beziehung scheitert, wird dann auch das „Hobby“ gewechselt? Damit der Stall oder vielleicht für das Pferd, mal wieder der Besitzer?
Oder sogar aus Mitleid? Beim Faktor Mitleid, sollte man auch das nötige Kleingeld schon auf der hohen Kante haben, denn Mitleidskäufe sind in der Anschaffung erstmal günstig, in der fortlaufenden Haltung dafür oft wesentlich teurer. Es gibt meistens einen Grund, wenn ein Pferd besonders günstig verkauft wird. Ganz nach dem Motto: „Du bekommst was Du bezahlst!“ Ein gutes gesundes Pferd hat seinen Preis, ein günstiges Pferd eben auch! Auf andere Weise.
Weil Zeit und Geld da sind – und es gerade „passt“? Wenn das die einzigen Beweggründe sind, empfehle ich die Finger davon zu lassen. Das „hobby“ Pferd frisst nicht nur Heu sondern auch sehr viel Zeit, Energie. Man sollte es Lieben, sonst wird es sehr schnell zur Belastung.
Egal welcher Impuls es ist – er verdient, ehrlich angeschaut zu werden.
Bin ich bereit, dieses Pferd wirklich zu begleiten – ein Leben lang?
Ein Pferdeleben kann 20, 30, manchmal sogar 35 Jahre dauern.
Das bedeutet Verantwortung. Auch dann, wenn das Pferd krank wird.
Wenn es nicht mehr reitbar ist. Ja ab einem gewissen Alter ist es nicht mehr reitbar und dann fangen oft auch die Wehwehchen an. Ein Pferd ist eben auch kein Hund, den man bei sich zu Hause alt werden lassen kann. Ein Pferd dass man nicht mehr reiten kann, braucht trotzdem einen Platz im Stall, der mitunter teuer wird. Wenn es dann nicht herumgereicht werden soll wie ein Wanderpokal.
Aber auch wenn es noch reitbar ist, kann es ganz schön anstrengend werden, je nachdem wie viel Geld man für den Unterhalt aufbringen kann, muss man eben auch körperlich aktiv und fleißig werden. (Misten, Wasser schleppen, Zäune bauen, Reparaturen, Heuernte etc.
Was ist mit dem Know how?
Habe ich das Wissen – oder Menschen an meiner Seite – um dieser Verantwortung gerecht zu werden?
Pferde sind keine Sportgeräte. Sie sind fühlende Lebewesen, die uns auf unserem Weg begleiten – wenn wir bereit sind, wirklich hinzuschauen.
Das heißt: Auch mal Frust aushalten. Schmerz. Demut lernen.
Es ist nicht immer der Ritt über die Blumenwiese bei Sonnenuntergang. Oft ein Sturz, ein Biss die einem klar werden lassen, wir benötigen Hilfe und fachmännische Hilfe kostet wieder … wer hätts gedacht…. Geld. Mit Pferden lernt man nie aus, das ist nicht wie ein Führerschein beim Auto, man lernt immer wieder hinzu. Und das kann mitunter sehr kostspielig sein.
👶 Was ist mit dem Leben drumherum?
Familienplanung? Ich spreche aus eigener Erfahrung, Schwangerschaft, Kleinkinder und Pferde sind nicht immer so einfach unter einen Hut zu bringen wie man sich das Anfangs vielleicht vorstellt.
Studium im Ausland? Hat man die gewissenhafte, kompetente Reitbeteiligung die einen im Fall des Studiums würdig vertreten kann? Und was ist in dieser Zeit mit den Kosten?
Ein Umzug? Pferde sind Ortstreu, sie haben Stress wenn sie viele Stallwechsel erleben müssen, tatsächlich braucht ein Pferd ein ganzes Jahr um seine Umgebung als sein „Zuhause“ anzuerkennen. Wenn man also selbst eher ruhelos ist oder beruflich viel umziehen muss, tut man seinem Pferd keinen Gefallen wenn es überall mit gehen muss.
Finanzielle Engpässe?
Sind für Pferdebesitzer eine Katastrophe, denn gerade da passiert dann etwas unkalkulierbares wie eine Kolik, oder eine Sehnenverletzung. Eine Op Versicherung deckt zwar größere Op´s ab, aber kostet dafür mtl. wieder Geld.
Und was mache ich wenn ich krank werde – oder mir etwas zustößt? Das passiert manchmal schneller als man organisieren kann. Gerade ein Reitunfall endet schnell im Krankenhaus, da sollte man vorher schon mal drüber nachgedacht haben wer im Notfall schnell einspringen kann, dies mit den jeweiligen Personen zu besprechen ist immer sinnvoll, auch ein Alltags Tagebuch mit den Gewohn- und Gepflogenheiten des Pferdes, wichtigen Adressen von: Tierarzt, Stallbesitzer, Reitbeteiligung, Schmied, Physio etc. kann in diesem Fall viele Nerven ersparen. Und dann noch der Schlimmste Fall: Der Todesfall:
Gibt es einen Plan B?
Menschen, die mein Pferd übernehmen oder weitervermitteln – in meinem Sinne? Dies sollte unbedingt vorher abgesprochen und niedergeschrieben sein.
Was kostet das eigentlich – wirklich?
Hier ein kleiner Überblick (je nach Region und Haltung):
• Pferdepension: 280 – 450 € monatlich
• Eigenhaltung: nicht unbedingt günstiger (Heu, Strom, Wasser, Mistentsorgung, Zäune, Reparaturen, Urlaubsbetreuung…)
• Hufbearbeitung / Beschlag: 50,- € - 150,- € alle 6-8 Wochen
• Zahnkontrolle: 30 – 180 € jährlich
• Versicherungen: 150 – 400 € jährlich
• Entwurmung / Kotproben: ca. 120 € jährlich
• Tierarzt? – schwer kalkulierbar!
• Physio / Osteo: ca. 150 € pro Besuch
• Ausrüstung zu Beginn: ca. 4000 €
• Ausbildung / Training: nach oben offen…
• Zusatzfuttermittelchen: 50,- 500,- € oder mehr .
📍 Woher nehme ich mein Pferd?
• Reitschule?
Klassisch – aber oft sind es Pferde, die „ausgemustert“ werden. Man hört es immer wieder, die Schülerin hat sich in ihr Schul Pferd verliebt, sobald das Pferd in ein Alter kommt, wo die Autschis beginnen, wird der verliebten Kundin ein Angebot gemacht, wo sie nicht nein sagen kann. „Wenn er bis Ende des Monats nicht verkauft ist, kommt er zum Schlachter“ oft ist der Kaufpreis, dann noch weit über dem Schlachtpreis, aber weil man die Dame so sehr mag und ganz offensichtlich eine tiefe Verbindung zwischen ihr und dem Pferd besteht, die wirklich jeder mit dem blinden Auge sehen kann, bekommt sie ihn besonders „günstig“ .
Emotionaler Kauf, oft mit gutem Herzen, Man hört diese Geschichten immer wieder, dann wird eine Person ins kalte Wasser geschmissen, von Reitstunde einmal pro Woche zum Pferdebesitzer eines alternden Schulpferdes und das Drama kann beginnen.
• Züchter?
Meist teurer – oft roh, also nicht eingeritten.
Achtung: Ein guter Züchter verkauft kein Jungpferd an Anfänger! Ein guter Züchter berät, einem guten Züchter ist es nicht egal wo seine Babys hinkommen. Ein guter Züchter, hat gesunde Pferde .
• Händler?
Schwierig – hier trennt sich Spreu vom Weizen.
Viele Pferde kommen aus schlimmern Umständen aus dem Ausland. Sie leben oder lebten unter schlechten Haltungsbedingungen und werden (wenn noch nicht eingeritten, in Hauruck Aktionen schnell gefügig und Reitbar gemacht, meist nicht nachhaltig und für das Pferd sehr traumatisierend. Pferdehändler haben nicht unverdient einen schlechten Ruf. (Ausnahmen bestätigen die Regel, allerdings kenne ich keine Ausnahmen) Wer Händler kennt die er empfehlen kann, kann dies gerne hier in die Kommentare schreiben.
• Privat?
Auch hier lohnt sich genaues Hinschauen. Nicht jeder ist ehrlich. Privat hat man aber manchmal wirklich Glück und die Besitzer haben triftige Gründe warum sie ihr Pferd verkaufen müssen, oft ist ihnen am Wohle des Pferdes gelegen. Viele sind bemüht und es gibt die Möglichkeit, das Pferd eine Weile kennen zu lernen. Man bekommt liebevolle Einweisungen und ist meist gut aufgehoben. Aber eben auch nicht immer!
💡 Wichtig – bei jedem Pferdekauf:
• Immer Videos in allen Gangarten – am besten auch mit Reiter, das gibt einem schon mal eine gute Idee, wie sich das Pferd mit dem Reiter einlässt.
• Fotos aller Hufe, von vorne, von unten, von der Seite, auch wenn man einiges das in die falsche Richtung geht korrigieren kann, so ist eine gesunde Basis doch wichtig und sagt viel über das „Gestell“ des Pferdes aus.
• Niemals ohne kompetente Begleitung besichtigen! Aber wichtig: Die kompetente Person der Wahl, sollte auch in der Lage sein, das Pferd für Deine Bedürfnisse zu beurteilen, Nur weil Bereiter XY mit einem Pferd klar kommt, heißt dass noch lange nicht dass es für Dich geeignet ist! Deine Begleitperson sollte in der Lage sein, nicht für sich, sondern „aus Deinen Augen“ zu schauen!
• Tierarztwahl bei Ankaufsuntersuchung nicht vom Händler bestimmen lassen, das ist vor allem im Ausland wichtig, aber auch in Deutschland macht es sinn, der Haus und Hof Tierarzt möchte seinen besten Kunden nicht verlieren, im Zweifel geht das also eher für den Verkäufer aus, als gegen ihn, ohne dass ich irgendeinem Tierarzt etwas unterstellen möchte.
• AKU (Ankaufsuntersuchung) ist empfehlenswert – auch wenn man nicht jedes Röntgenbild überbewerten sollte. Ab einem gewissen Alter, sind die Gelenke nicht mehr wie zur Fohlenzeit, es gilt abzuwägen, welche Verschleißerscheinungen für das was Du mit dem Pferd vorhast, relevant sind. Es mag sein dass ein Pferd aus dem Springsport genommen wurde, für dein Freizeitreiten aber durchaus geeignet ist
• Skeptisches Zuhören – zwischen den Zeilen lesen, auch wenn man schon Herzchen Augen hat, weil das Hotti ach wie süß ist. Beim Pferdekauf gilt es emotionslos zu sein, sonst wird aus den Herzchen Augen ganz schnell Dollar Zeichen, die dann an Training oder Tierarzt fließen.
• Kein Mitleidskauf – Mitleid kostet oft mehr, als man denkt wer aus Mitleid kauft, möchte ja das es dem Pferd gut geht, ergo wird er/sie viel investieren müssen, damit es ihm gut geht.
• „Schnäppchen“? Können teure Überraschungen bergen (Cushing, Rehe, Verhaltensthemen…) man kann nicht oft genug davor warnen.
Und was kannst Du tun, um Deinem Traumpferd zu begegnen?
• Werde klar in dem, was Du suchst – innerlich und äußerlich. Überlege Dir was Du gerne mit Deinem Pferd machen möchtest. Ein Distanz Pferd braucht andere Qualitäten als ein Wanderreit Pferd oder ein Kinderreitpferd.
• Keine faulen Kompromisse, später bereust Du vielleicht dass Du nicht länger gewartet hast auf das richtige Pferd für Dich.
• Kein Zeitdruck – der richtige Moment findet Dich. Wer unter Zeitdruck steht, ist ein gefundenes Fressen für Händler. Selbst wenn man glaubt das richtige Pferd gefunden zu haben, ist es immer sinnvoll, wenn man es öfter besucht als nur einmal.
• Wie bei Schwangeren, die überall Babys sehen – wirst Du beginnen, „Dein Pferd“ zu erkennen, wenn Du innerlich bereit bist
Fazit:
Ein Pferd zu kaufen ist keine „Spontanaktion“.
Es ist ein Lebensprojekt. Eine Reise. Eine Verbindung.
Und wenn Du bereit bist, diesen Weg zu gehen – mit allem, was dazugehört – dann kann es das Schönste sein, was Dir je passiert ist. ❤️
In diesem Sinne und immer im Sinne des Pferdes
Simone Carlson

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