Wie man Pferden das Leben schwer machen kann

„Horsemanship Downunder“ – oder: Wie man Pferden (und Menschen) das Leben schwer machen kann
Manchmal bringt uns das Leben in Situationen, in denen man am liebsten die Augen schließen und laut „Nein, danke!“ sagen würde. Der letzte Post über psychischen Missbrauch hat mich an eine solche Situation erinnert – eine Geschichte, die vor ungefähr 25 Jahren passierte, als ich noch jung war. Und glaubt mir, das war ich wirklich, auch wenn es inzwischen keiner mehr glaubt. 😊
Damals absolvierte ich einen zweiwöchigen Kurs bei Harry Whitney in Whittier, Arizona. Vollgepackt mit neuem Wissen und voller Tatendrang freute ich mich darauf, alles zu Hause umzusetzen. Doch bevor ich zurück nach Deutschland flog, gönnte ich mir noch ein paar entspannte Tage bei einer Trainerkollegin in Nordkalifornien. Entspannt? Ha, denkste.
„Horsemanship Downunder“ – Ein Erlebnis zwischen Schock und Fremdscham
Durch einen Zufall hörten wir, dass ein australischer Pferdetrainer ganz in der Nähe einen Kurs abhielt, den er stolz „Horsemanship Downunder“ nannte. Klingt exotisch, oder? Wir – vier neugierige Pferdeleute – packten also das Auto und fuhren los, bereit, uns inspirieren zu lassen. Was wir sahen, ließ unsere Kinnladen schneller fallen, als ein Pferd im Galopp stoppen kann.
Da stand er: der Australier, ein Meister seines Fachs (zumindest laut eigener Aussage). Vor ihm ein Pferd, so sensibel und bemüht, dass es fast weinte: „Sag mir einfach, was du willst, und ich mach’s!“ Stattdessen gab es einen wilden Befehlshagel: Vorwärts, rückwärts, Stopp, Traben, Richtungswechsel, Hinterhandwendung, Stopp – ohne eine Sekunde Pause. Die Stimmung in unserer Gruppe kippte schneller als ein schlecht gesattelter Reiter. Zwei von uns wollten sofort gehen, die anderen zwei (darunter ich) hofften auf eine Wendung zum Besseren. Spoiler: Die kam nicht wirklich.
Timing ist alles – außer, wenn es niemanden interessiert
Das Ganze fand in einer riesigen Arena statt, wo mehrere Teilnehmer gleichzeitig mit ihren Pferden „unterrichtet“ wurden. Ich persönlich halte das für eine denkbar schlechte Idee. Wie soll man gutes Timing und pferdegerechtes Training hinbekommen, wenn die Schüler ewig lange alleine ohne Anleitung vor sich hindümpeln? Aber das war an diesem Tag nicht mal das Hauptproblem. Das arme Pferd, das er trainierte, wurde zum Opfer eines völlig übertriebenen Drucks.
Neben mir saß mein guter Freund Ross und murmelte zornig Dinge in seinen grauen Bart, die ich hier aus rechtlichen Gründen nicht wiederholen darf. Es war für ihn kaum auszuhalten, diesem Drama still zuzusehen. Doch wir saßen in einer Zwickmühle: Unsere Gastgeberin war mit der Veranstalterin befreundet, und die war ganz begeistert von diesem „Horsemanship Downunder“. Zu unser aller Unverständnis.
Ein Versuch, die Situation zu retten
In meiner Verzweiflung hob ich schließlich die Hand und stellte dem Trainer eine höfliche Frage: „Woher weiß das Pferd eigentlich, dass es etwas richtig gemacht hat?“ Die Antwort war… nun ja: „Es weiß es, weil ich keinen Druck mehr ausübe. Man muss nicht ständig loben oder streicheln.“
Ross’ Gesichtsausdruck sprach Bände – und keiner davon war druckreif. Doch irgendetwas änderte sich danach. Der Trainer übergab das Pferd wieder der Besitzerin, und als diese eine Reaktion bekam, hörte man plötzlich über den Lautsprecher: „Okay, jetzt streichel sie!“
War das jetzt ein Durchbruch? Ein Zufall? Oder hatte ich ihm tatsächlich einen kleinen Impuls gegeben, ohne dass er sein Ego verlieren musste? Ich weiß es nicht. Aber ich wusste eines: Hätte ich ihn konfrontiert, hätte das Pferd die Konsequenzen getragen.
Druck erzeugt Gegendruck – wie lösen wir dieses Dilemma?
Und hier sind wir: Wie können wir Bewusstsein schaffen, ohne Mauern zu bauen? Wie sprechen wir Missstände an, ohne alles noch schlimmer zu machen – vor allem für die Pferde?
Natürlich kommt es immer auf die Situation und die Schwere des Vergehens an. Aber unser Ziel sollte immer sein, langfristig etwas zum Besseren zu verändern.
Eure Ideen sind gefragt!
Jetzt seid Ihr dran:
• Wie schafft man Bewusstsein für pferdegerechtes Training?
- mal abgesehen vom vorleben und selbst besser machen?
• Welche Strategien haben bei Euch funktioniert, um schwierige Gespräche zu führen, ohne die Situation zu eskalieren?
• Glaubt ihr, dass kleine Impulse (wie meine Frage an den Trainer) tatsächlich langfristig etwas bewirken können?
• Wie bleibt ihr in kritischen Situationen ruhig und sachlich?
• Kennt ihr Initiativen oder Gruppen, die sich für pferdegerechtes Training einsetzen?
• Was können wir gemeinsam tun, um Pferden eine bessere Zukunft zu ermöglichen?
Ich freue mich auf Eure Geschichten, Ideen und Lösungsansätze. Lasst uns gemeinsam für eine bessere Zukunft wirken – im Sinne unserer Pferde.

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