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Leckerli? Passen gut in mein Hoodyy

„Ein Termin für eine Sattelpassformkontrolle – klingt harmlos, oder?
Ich kannte weder die Besitzerin noch das Pferd. Aber hey, Abenteuer rufen nicht an, sie erwarten dich einfach! Also ab ins Auto, eine Stunde Fahrt, und rein ins Unbekannte.

Am Stall angekommen, begann der Spaß direkt: Geräumiger Parkplatz, check. Besitzerin, die mich direkt am Auto abholt, auch check. Aber dann – sie drückt mir drei Leckerli in die Hand. 😳

Phuuu, echt jetzt? Ich bin ja so GAR kein Fan von Leckerli-Füttern. Sie erklärte mir aber ganz ernst, dass Bernd, ein hochtraumatisierter Lipizzaner-Wallach, niemanden an sich ranlassen würde, ohne Bestechung in Form von Leckerli. Innerlich habe ich die Augen gerollt (ja, ich kann das wirklich! 😊). Aber gut, ich stecke die Leckerli in meinen Hoodie und nähere mich dem Mysterium namens Bernd.

Bernd stand am Anbindeplatz und beäugte mich kritisch mit großen, skeptischen Augen.  Ich blieb erstmal einen Meter entfernt stehen, ließ ihn durchatmen, und näherte mich langsam. Erst ließ ich ihn an meiner Hand schnuppern, dann griff ich sanft ins Halfter.

Ich gab ein kleines Gefühl ins Halfter nach unten und wartete ab. Der Wallach, erstmal skeptisch, zog vorsichtig nach oben, ich ging mit aber hielt den Zug. Sobald Bernd nachgab, atmete ich aus, und wurde weich. Dann legte ich meine Hand auf seine Schulter, baute sanften Druck auf, Bernd wich dem Druck indem er sein Gewicht auf ein anderes Bein verlagerte. Wir führten diesen Dialog ohne Worte ein paar Minuten fort bis der Lipizzaner entspannt am Putzplatz stehen konnte.

Während wir so arbeiteten, wurde es um uns herum still. Naja, zumindest ein bisschen. Menschen reden ja manchmal wie Wasserfälle und vergessen dabei völlig, bei ihrem Pferd zu sein. Aber ich blendete das aus.

Bernd? Wir spielten mit Halfter, Schulter und Hinterhand – und plötzlich stand da ein Pferd, das an jedem Körperteil loslassen und entspannen konnte.

„Erst jetzt widmete ich mich Bernds Rücken – dem eigentlichen Grund, warum ich da war.
Wir probierten verschiedene Sättel, immer mit einem Auge auf seinen Muskeltonus. Sobald Bernd auch nur minimal Anspannung zeigte, kümmerte ich mich um seine Entspannung.

Mittlerweile fiel auch der Besitzerin auf, dass ich deutlich mehr mit Bernd machen konnte als andere Menschen. Ihr neugieriger Blick war kaum zu übersehen, also erklärte ich es ihr: ‚Ja klar, ich habe ihn ja auch gefragt.‘

Das Gesicht? Unbezahlbar. Verwirrung pur.
‚Nein, ich mache keine Tierkommunikation‘, schob ich schnell hinterher. Ich habe Bernd mit sanftem Druck die Frage gestellt, ob er mit mir in den Dialog gehen kann. Ob er sich darauf einlassen kann – ohne Widerstand, ohne Sorge. Und Bernd? Er hat geantwortet. Nicht mit Worten, sondern mit einem entspannten Rücken einem weichen Auge und dem loslassen der „Hab-Acht-Stellung“.

„Das war der Anfang einer neuen Reise für Elke und Bernd. Seitdem haben die beiden schon einige Kurse hier auf dem Sonnenhof und viele Unterrichtseinheiten mit mir an ihrem Stall erlebt.

Und Bernd? Der ist jetzt ein ganz anderer Kerl! Leckerli? Die sind schon lange Geschichte – er nimmt jetzt nur noch Applaus. 👏Seine Skepsis legt er Schritt für Schritt ab, und heute kann er sich auf echten Kontakt mit seinem Menschen einlassen.

Was das bedeutet? Bernd kann jetzt ja oder nein sagen, ohne dass Ablenkung oder Angst im Weg stehen. Ein Dialog zwischen zwei aufmerksamen Wesen. Natürlich gibt es noch Baustellen. Der Tierarztbesuch zum Beispiel bleibt ein Kapitel für sich. Aber auch hier hat sich etwas verändert: Es geht nicht mehr darum, ihn auszutricksen oder abzulenken, sondern darum, ihm in die Entspannung zu helfen. Immer wieder. Sanft bleiben. Und Bernd zeigt, dass er auch unangenehme Dinge meistern kann – auf seine Art, aber immer im Vertrauen.

In meinen Kursen bringe ich zu diesem Thema gerne ein Beispiel aus dem Leben – mit einem Augenzwinkern.

Stell dir vor: Du wachst morgens verschlafen auf, rutschst direkt auf deinem Bettvorleger aus und haust dir den kleinen Zeh an der Kommode an (an dieser Stelle hätte ich einen grandiosen Witz, der passt hier aber leider nicht rein).  Deine Kaffeemaschine? Kaputt. Und dann das: Eine Nachricht auf deinem Handy – dein Freund möchte sich trennen.
Als ob das nicht reicht, verpasst du den Bus, und dein Chef eröffnet dir, dass die Firma kürzer treten muss. Keine Stelle mehr für dich, aber hey, nimm’s bitte nicht persönlich. 🫠 Zuhause wartet dann die Krönung: Die Kündigung deiner Wohnung im Briefkasten. Der Super-GAU! Wenn du jetzt noch Kopfschmerzen bekommst, wären es garantiert die schlimmsten deines Lebens.

Jetzt drehen wir die Geschichte zurück:
Du springst früh aus dem Bett, geweckt von der Sonne und Vogelgezwitscher.  Dein Freund überrascht dich mit frisch gebrühtem Kaffee und – tadaa – einem Verlobungsring im Brötchen.  Er bringt dich zur Arbeit, wo dein Chef dir eine Beförderung und eine fette Gehaltserhöhung anbietet.  Am Abend feierst du diesen perfekten Tag mit einem romantischen Dinner.

Wenn du jetzt Kopfschmerzen bekommst? Na, dann sind die halb so wild – schließlich kannst du sie mit einem breiten Grinsen ertragen.

Und was lernen wir daraus? Unsere psychische Verfassung entscheidet, wie wir mit Schmerz und Problemen umgehen. Es macht einen Unterschied, ob du vom Leben in die Knie gezwungen wirst oder es mit dir tanzt.

Was das jetzt mit unserem Bernd zu tun hat?
Na ja, er wird sich wohl kaum verloben, keine Gehaltserhöhung abstauben, und wenn ihm der Stall gekündigt wird, belastet das eher Elke als ihn.

Aber Bernd hat – wie wir alle – ein gewisses „Stress-Budget“. Wenn dieses ständig am Limit ist, weil Unwohlsein, Sorge und Angst es auffressen, dann bleibt ihm keine Kapazität mehr für irgendetwas Neues. Er wird angespannt, misstrauisch und fühlt sich gezwungen, sich zu verteidigen – einfach, damit nicht noch mehr auf ihn einprasselt.

Wenn wir es jedoch schaffen, Unwohlsein in Wohlbefinden, Sorge in Zuversicht und Angst in Vertrauen zu verwandeln, entsteht etwas Magisches: Bernd bleibt entspannt. Dinge, die ihn früher völlig aus der Haut fahren ließen, prallen immer mehr ab – weil er endlich einen Weg gefunden hat, ruhig und gelassen zu bleiben.

Das zeigt uns: Vertrauen schafft Platz für Wachstum, und manchmal ist dieser Platz genau das, was ein Pferd (oder auch ein Mensch) braucht, um sich auf Neues einzulassen. Manchmal liegt die Magie eben genau dazwischen – in den kleinen Momenten, wo sich ein skeptisches Pferd wieder neu und vertrauensvoll auf den Menschen einlassen kann.

Elke und Bernd, ihr seid auf einem großartigen Weg! Es ist so schön, euch auf dieser Reise begleiten zu dürfen. ❤️

Ach, und die Leckerli?
Nun ja, auf dem Heimweg habe ich sie aus dem Fenster geworfen. 🫣 Warum? Weil ich mir vorgestellt habe, wie irgendwo in der Ferne ein Eichhörnchen plötzlich denkt, es hätte den Jackpot geknackt. 🐿🍬

Aber mal ehrlich: Die Leckerli und ich? Keine große Liebesgeschichte. Und bevor ich sie im Auto wiederfinde und sie mich mit diesem „Du weißt, dass du mich nie wolltest“-Blick anstarren, habe ich sie lieber feierlich in die Freiheit entlassen. Vielleicht haben sie jetzt eine bessere Bestimmung – oder sie liegen irgendwo und erzählen sich gegenseitig Geschichten von dem Tag, an dem sie fast gebraucht wurden. 😄

Leckerli? Danke, aber nein danke!

Haben wir noch Zeit für den Witz?
Petrus kommt mit dem Prototyp „Mensch“ zu Gott, um die finale Abnahme zu holen. Gott schaut ihn an und sagt: „Mein Sohn, großartige Arbeit! Aber eine Kleinigkeit fehlt noch. Mach da noch einen kleinen Zeh dran – für die Möbel.“

Petrus runzelt die Stirn: „Für die Möbel?“
Gott zwinkert und grinst: „Glaub mir, das wird lustig!“

 In diesem Sinne und im Sinne des Pferdes

 

Eure Simone Carlson

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